Die Idee besteht darin, reelle Zahlen x,y als äquivalent zu definieren, wenn die Differenz x-y eine rationale Zahl ist. Somit zerlegen wir
IR in eine nicht abzählbare Menge
IR/Q von (disjunkten) Äquivalenzklassen, in denen jeweils abzählbar unendlich viele reelle Zahlen liegen.
Aus jeder Äquivalenzklasse lässt sich also
genau eine reelle Zahl
als Repräsentant auswählen - siehe Auswahlaxiom. Die Menge M dieser Repräsentanten
kann natürlich beliebig kleine oder beliebig große Zahlen enthalten.
Aus beweistechnischen Gründen benötigen wir aber Repräsentanten, die alle im Intervall [0,1) liegen. Wir betrachten daher die Abbildung f: IR → [0,1) mit f(x) = x - ⌊x⌋ und ⌊x⌋:= max{m∈Z|m≤x}. Weil die Differenz x-f(x) stets eine rationale Zahl ist, sind die Zahlen x und f(x) äquivalent. Folglich ist die Menge W:= f(M) ⊂ [0,1) ein Repräsentantensystem von IR/Q, das heißt insbesondere: w, w' ∈ W sind genau dann äquivalent, wenn w = w' gilt. Wir nehmen jetzt an, dass die Menge W Lebesgue-messbar wäre.
1. Fall:
Angenommen, es gilt λ(W) = 0. Aus der Translationsinvarianz von λ folgt dann, dass W+q für jede rationale Zahl q eine λ-Nullmenge ist. Daher ist auch die abzählbar unendliche Vereinigung
Es liegt aber jede reelle Zahl in einer Äquivalenzklasse [w] ∈ IR/Q. Somit existiert für jedes r ∈ IR ein Repräsentant wo ∈ W und eine rationale Zahl qo mit r-wo = qo, also gilt: wo+qo = r und das bedeutet: r ∈ W+qo. Ferner ergibt sich aus der Inklusion W ⊂ [0,1) sofort: 0 ≤ wo < 1. Für r ∈ [0,1) folgt daraus: -1 < r-wo < 1, das heißt: qo ∈ (-1,1). Damit liegt jedes r ∈ [0,1) in der Menge V, und daher gilt: λ(V) ≥ λ([0,1)) = 1. Somit kann V keine λ-Nullmenge sein - Widerspruch!
2. Fall:
W ist also keine λ-Nullmenge, das bedeutet: λ(W) = c > 0. Zuerst machen wir uns klar, dass die Mengen W+q und W+q' für alle q, q' ∈ Q mit q ≠ q' disjunkt sind:
Sei also x ∈ W+q ∩ W+q', dann existieren w, w' ∈ W mit x = w+q = w'+q'. Daraus folgt für q ≠ q': w-w' = q'-q ≠ 0. Einerseits gilt dann: w ≠ w', und andererseits ergibt sich daraus, dass w und w' äquivalent sind. Das ist aber nicht möglich, weil W ein Repräsentantensystem von IR/Q ist. Folglich gilt für q ≠ q': W+q ∩ W+q' = ∅.
Damit ist unsere anfangs definierte Menge V eine abzählbar unendliche Vereinigung der disjunkten Mengen W+q. Aus der Sigma-Additivität und der Translationsinvarianz von λ folgt also: λ(V) = ∞ · c = ∞. Hingegen gilt aber für jedes x ∈ V: x = w+q mit w ∈ W ⊂ [0,1) und q ∈ (-1,1). Daraus folgt: -1 < x < 2. Somit ist V eine Teilmenge von (-1,2), also gilt: λ(V) ≤ λ((-1,2)) = 3. Daher ergibt die Aussage λ(W) > 0 ebenfalls einen Widerspruch.
Folglich kann die Menge W nicht Lebesgue-messbar sein. Die Existenz nicht Lebesgue-messbarer Mengen ist damit bewiesen - vorausgesetzt, man akzeptiert das Auswahlaxiom.
Aus beweistechnischen Gründen benötigen wir aber Repräsentanten, die alle im Intervall [0,1) liegen. Wir betrachten daher die Abbildung f: IR → [0,1) mit f(x) = x - ⌊x⌋ und ⌊x⌋:= max{m∈Z|m≤x}. Weil die Differenz x-f(x) stets eine rationale Zahl ist, sind die Zahlen x und f(x) äquivalent. Folglich ist die Menge W:= f(M) ⊂ [0,1) ein Repräsentantensystem von IR/Q, das heißt insbesondere: w, w' ∈ W sind genau dann äquivalent, wenn w = w' gilt. Wir nehmen jetzt an, dass die Menge W Lebesgue-messbar wäre.
1. Fall:
Angenommen, es gilt λ(W) = 0. Aus der Translationsinvarianz von λ folgt dann, dass W+q für jede rationale Zahl q eine λ-Nullmenge ist. Daher ist auch die abzählbar unendliche Vereinigung
V:= ∪W+q
q∈ Q ∩(-1,1)
eine λ-Nullmenge.
q∈ Q ∩(-1,1)
Es liegt aber jede reelle Zahl in einer Äquivalenzklasse [w] ∈ IR/Q. Somit existiert für jedes r ∈ IR ein Repräsentant wo ∈ W und eine rationale Zahl qo mit r-wo = qo, also gilt: wo+qo = r und das bedeutet: r ∈ W+qo. Ferner ergibt sich aus der Inklusion W ⊂ [0,1) sofort: 0 ≤ wo < 1. Für r ∈ [0,1) folgt daraus: -1 < r-wo < 1, das heißt: qo ∈ (-1,1). Damit liegt jedes r ∈ [0,1) in der Menge V, und daher gilt: λ(V) ≥ λ([0,1)) = 1. Somit kann V keine λ-Nullmenge sein - Widerspruch!
2. Fall:
W ist also keine λ-Nullmenge, das bedeutet: λ(W) = c > 0. Zuerst machen wir uns klar, dass die Mengen W+q und W+q' für alle q, q' ∈ Q mit q ≠ q' disjunkt sind:
Sei also x ∈ W+q ∩ W+q', dann existieren w, w' ∈ W mit x = w+q = w'+q'. Daraus folgt für q ≠ q': w-w' = q'-q ≠ 0. Einerseits gilt dann: w ≠ w', und andererseits ergibt sich daraus, dass w und w' äquivalent sind. Das ist aber nicht möglich, weil W ein Repräsentantensystem von IR/Q ist. Folglich gilt für q ≠ q': W+q ∩ W+q' = ∅.
Damit ist unsere anfangs definierte Menge V eine abzählbar unendliche Vereinigung der disjunkten Mengen W+q. Aus der Sigma-Additivität und der Translationsinvarianz von λ folgt also: λ(V) = ∞ · c = ∞. Hingegen gilt aber für jedes x ∈ V: x = w+q mit w ∈ W ⊂ [0,1) und q ∈ (-1,1). Daraus folgt: -1 < x < 2. Somit ist V eine Teilmenge von (-1,2), also gilt: λ(V) ≤ λ((-1,2)) = 3. Daher ergibt die Aussage λ(W) > 0 ebenfalls einen Widerspruch.
Folglich kann die Menge W nicht Lebesgue-messbar sein. Die Existenz nicht Lebesgue-messbarer Mengen ist damit bewiesen - vorausgesetzt, man akzeptiert das Auswahlaxiom.